Vater oder Sohn? Sonaten von Bach
Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein war es durchaus üblich, wenn nicht gar die Norm, daß Flötisten auch die Oboe und Oboisten die Flöte beherrschten – zumindest, wenn sie als Berufsmusiker im Orchester saßen. Eine Persönlichkeit wie der Preußenkönig Friedrich II. (»der Große«) hatte es natürlich nicht nötig, sich beider Instrumente zu befleißigen: Seine Komponisten konnten sich vorwiegend auf die Lieferung von Stücken für die Traversflöte beschränken, die Seine Majestät mit Vorliebe zu blasen beliebten. So kam es denn auch, daß Johann Sebastian Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel in seiner Zeit am Hofe des »Alten Fritz« bis hin zum anspruchsvollen Solo in a-moll vieles für die Flöte verfaßte, das eine rechte Spielkunst verlangt(e), ohne daß einzusehen wäre, warum dieselben Partien nicht auch auf der Oboe wirken könnten …
… und angesichts der Tatsache, daß Carl Philipp Emanuel Bach auch die hier aufgenommene Solosonate für Harfe geschrieben hat, darf man ohne weiteres riskieren, die gewohnte Continuo-Gruppe durch eine etwas extravagantere Formation zu ersetzen: An die Stelle des Cembalos tritt also die Harfe, und das Violoncello wird durch einen Violone abgelöst – mit überaus aparten und delikaten Konsequenzen.
Die Frage der Authentizität, die sich der eine oder andere Kenner oder Liebhaber der Musik womöglich stellen könnte, ist schnell vom Tisch. Erstens waren ein relativ freizügiger Umgang mit verfügbarem Instrumentarium zu Zeiten der Bachs an der Tagesordnung, und zweitens sind die drei Flötensonaten, die als BWV 1020, 1031 und 1033 gehandelt werden, nach heutigen Erkenntnisse mitnichten dem großen Leipziger Thomaskantor, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit demselben CPE Bach zu verdanken, der am Hofe des preußischen Königs demselben mancherlei Flötentöne darbrachte.